Wilhelm Spohr

Wilhelm Spohr kam am 3. Februar 1868 in Hamburg zur Welt.

Um 1900 war Spohr der wichtigste Vermittler der Kunst von Fidus mit Zeitschriftenaufsätzen, Lichtbildervorträgen und insbesondere der grossen Monographie, die 1902 erschienen ist. [1]

Spohr wuchs in Hamburg auf und machte eine Optiker- und Mechanikerlehre. 1891 zog er nach Berlin, im Jahr darauf wurde er Mitglied der Berliner Volksbühne und ihres künstlerischen Ausschusses. Seit Juli 1895 wohnte er in Friedrichshagen bei Berlin.

Zwischen 1899 und 1906 übersetzte er nahezu sämtliche Werke des niederländischen Autors Multatuli (eigentlich Eduard Douwes Dekker, 1820-1887), dessen Roman Max Havelaar oder Die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft als der erste europäische antikolonialistische Roman gilt. Die Übersetzungen erschienen zum Teil mit Titelzeichnung von Fidus.

1901 war er zusammen Fidus Mitglied des Ausstellungs-Comités der Ausstellung Die Kunst im Lebens des Kindes. Im selben Jahr war er in der Schweiz und hielt im Schwurgerichtssaal in Zürich einen Vortrag über Multatuli. [2]

1902 erschien von ihm die erwähnte Fidus-Monographie.

Im Herbst 1903 begleitete er mit seiner seiner Frau und seinem Kind Fidus und seine Familie nach Amden. Nachträglich versuchte er die Geschichte des unglaublichen Unternehmens ins Lot zu rücken. Seine Fassung davon:

Der Prophet Josua, bürgerlich Klein geheißen, wollte nördlich am Walensee in der Schweiz, oberhalb Weesen, in 1000 Meter Höhe Tempel für seinen Glauben errichten. Fidus wurde als Baumeister berufen, ich mit ihm als vermeintlich praktischer veranlagt, um zunächst Fidus’ kolossalen ‘Tempel der Erde’ zu errichten. Steine ließen wir brechen, Bäume fällen, auf vorspringendem Felsen über dem See wurde ein Plateau geebnet. Alles sehr gut, aber es kam zu nichts, weil der Prophet täglich reden mußte, von morgens früh bis nachmittags zwei Uhr, mit Augen-, Arm- und Beinverrenkungen, prophetischen Verfluchungen der ganzen Welt und Mahnungen an den lieben Gott, der nicht alles richtig machte. [1]

Gerade die Beteiligung Spohrs sorgte damals für die Seriosität des Unternehmens. So bemerkten Zeitungen in den Niederlanden:

Was jedoch am meisten überrascht: Der bekannte Multatuli-Übersetzer Wilhelm Spohr ist ebenfalls Mitglied der Kolonie. Die Tatsache, dass ein, auch in Holland für so einen klaren Kopf bekannter, Publizist Mitglied der Kolonie ist, macht es unwahrscheinlich,, dass sie tatsächlich so ist, wie über sie berichtet wird. [2]

Danach hielt Spohr sich kurze Zeit in Rüschlikon bei Zürich auf.

Er starb am 9. Juni 1959 in Rüdersdorf.

Veröffentlichungen

  • Fidus, Minden 1902.
  • Berliner Heimatbüchlein. Eine Gabe des Feierabend, Berlin 1913.
  • Kultur der Feste (Flugschrift des Dürerbundes, 209), München 1926.
  • O ihr Tage von Friedrichshagen! Erinnerungen aus der Werdezeit des deutschen literarischen Realismus, Berlin 1949.

* *Glorie des Alters. Ein frohes Manifest*, Berlin 1940. * *Mozart. Leben und Werk. Briefe, Zeitberichte, Dokumente, Bilder*, Berlin 1941. * *Goethe. Sein Leben und Wirken*, Berlin 1949.

Multatuli-Übersetzungen

  • Multatuli, Auswahl aus seinen Werken in Übersetzung aus dem Holländischen, eingeleitet durch eine Charakteristik seines Lebens, seiner Persönlichkeit und seines Schaffens von Wilhelm Spohr. Mit Bildnissen und handschriftlicher Beilage, Minden 1899. Titelzeichnung von Fidus.
  • Multatuli, Max Havelaar, Minden 1900. Titelzeichnung von Fidus. Online: Digitalisat
  • Multatuli, Liebesbriefe, Minden 1900. Titelzeichnung von Fidus.
  • Multatuli, Millionenstudien, Minden 1900. Titelzeichnung von Fidus.
  • Multatuli, Fürstenschule, Schauspiel in 5 Aufzügen. Minden 1900. Deckelbild von Fidus.
  • Multatuli, Die Abenteuer des kleinen Walther, Minden 1901. Titelzeichnung von Fidus. Digitalisat
  • Multatuli, Ideen, Berlin 1903.
  • Multatuli, Frauenbrevier, Frankfurt a. M. 1905. Titelzeichnung und Buchschmuck von Fidus. Digitalisat.

*Multatuli-Briefe*, Frankfurt am Main 1906. Mit Online: Multatuli-Briefe.

 

** Kunst für Kinder, Kinder- und Jugendliteratur ** * *Endlich Künstlerisches für Kinder! Jugendlektüre und Bilderbuch*, Berlin, 1900 (Broschüre zusammen mit Heinrich Wolgast). * *Die Kunst im Leben des Kindes. Ein Handbuch für Eltern und Erzieher*, Berlin 1902. * *Kinderbriefe mit Kinderzeichnungen und Elternbriefe*, Berlin 1942. ** Als Herausgeber und Bearbeiter von Jugendbüchern für den Verlag Schafstein, Hermann und Friedrich ** * *Die schönsten Märchen aus Tausend und eine Nacht. Nach Weils Übersetzung aus dem Urtext für die Jugend ausgewählt, *Schaffsteins Volksbücher für die Jugend, Band 8), Köln. * *Des Freiherrn von Münchhausen wunderbare Reisen und Abenteuer zu Wasser und zu Lande, wie er dieselben bei einer Flasche im Zirkel seiner Freunde selbst zu erzählen pflegte* (Schaffsteins Volksbücher für die Jugend Band 16), Vorrede von Wilhelm Spohr, Deutsch von Gottfried August Bürger, für die reifere Jugend neu herausgegeben, Buchausstattung von E. R. Weiss, Köln 1906. Online: Des Freiherrn von Münchhausen wunderbare Reisen und Abenteuer zu Wasser und zu Lande. * E. T. A. Hofmann, *Nussknacker und Mausekönig. Das fremde Kind. Zwei Märchen. Für grosse und kleine Kinder hrsg. von Wilhelm Spohr*, (Schaffsteins Volksbücher für die Jugend 22). Köln [1906]. * E. T. A. Hoffmann, *Meister Martin der Küfner. Für die reifere Jugend herausgegeben v. W. Spohr* (Schaffsteins Volksbücher für die Jugend, Bd. 23). * James Fenimore Cooper, *Der Spion. Eine Erzählung aus dem amerikanischen Unabhängigkeitskriege*, Köln 1918. * *Der Pirat. Seeabenteuer von Kapitän Marryat*, Köln. * James Fenimore Cooper, *Der letzte Mohikan. Lederstrumpferzählungen 2. Teil*, Köln. * James Fenimore Cooper, *Die beiden Seelöwen*, Köln. ** Veröffentlichungen zur Zeit des Nationalsozialismus ** * *Deutsche Brüder im Ausland* (Die Auslanddeutschen Volkshefte, Nr. 1), Berlin. * *Deutsche Arbeit in den Vereinigten Staaten* (Auslanddeutsche Volkshefte, Nr. 3) Berlin-Tempelhof. * *Deutsche Brüder im Osten* (Auslanddeutsche Monatshefte, Nr. 4). * *Deutsche in Übersee*, Berlin. ** Anekdotensammlungen ** * *Garten des Vergnügens. Geist der Zeiten in Anekdoten*, Berlin 1936. * *Die Narrenschaukel. Weise und Toren in der Anekdote*, Berlin 1937. * *Der andere Bismarck. Menschliches vom Altreichskanzler*,. Berlin 1938. * *Berliner Anekdoten*, Berlin 1952. ** Als Herausgeber ** * Georg Christoph Lichtenberg, *Briefe an die Freunde*, Berlin 1938.

Veröffentlichungen in Zeitschriften und Sammelwerken

  • “Fidus”, in: Wiener Rundschau, 1. Juni 1898, S. 554-557. Online
  • “Fidus (Schluss)”, in: Wiener Rundschau, 15. Juni 1898, S. 575-578. Online
  • * “Fidus. Eene Studie”, in: *Morgenrood*, 1899, Nr. 21, S. 163-166. Online: Fidus. * “Fidus. Eene Studie”, in: *Morgenrood*, 1899, Nr. 22, S. 171-173. Online: Fidus. * “Fidus. Eene Studie (Slot)”, in: *Morgenrood*, 1899, Nr. 23, S. 180-182. Online: Fidus. * *Fidus*, Minden i. W. 1902. Online: Fidus. * “Die Vorbildliche Einheit von Körper und Seele bei Fidus”, in: *Der Säemann*, 3, 1907, (1), S. 11-19. Online: Die Vorbildliche Einheit von Körper und Seele bei Fidus. * “Künstlerische Bilderbücher”. in: Die Kunst im Lebens des Kindes. Katalog der Ausstellung, S. 53-63. Online: Künstlerische Bilderbücher. * “Fidus als Erzieher”, in: *Junge Menschen*, 2 (6), S. 82-83, 1921.

Literatur

  • Walter Fähnders, “Der Multatuli-Übersetzer Wilhelm Spohr und Friedrichshagen”, in: *150 Jahre ‘Max Havelaar’ – 150 Years ‘Max Havelaar’. Multatulis Roman in neuer Perspektive – Multatuli’s Novel from New Perspectives*, Bern 2012. * Jaap Grave (Hrsg.), *”Verdammt sei, wem das nicht heilig ist!” Die Korrespondenz von Wilhelm Spohr mit Mimi Douwes Dekker und dem J.C.C. Bruns’ Verlag in Minden* (Edition Friedrichshagen, 6), 2003.
  • Fidus, “W. Spohr zum 70. Geburtstag”, in: Grossberliner Ost-Zeitung, 4. Februar 1938.

Links

[1] Fidus, Minden i. W. 1902. Digitalisat
[2] C. M.: Multatuli, in: Neue Zürcher Zeitung, 1901 Online