Zum Tempel der weissen Bruderschaft, 1911.
Auf der Rückseite zweier Postkarten des Aquarellentwurfs Zum Tempel der weissen Bruderschaft aus dem Jahre 1911 erwähnt Fidus den Kauf des Blatts durch Eduard von der Heydt, Bankier, Kunstsammler und von 1926 bis 1935 Besitzer des Monte Verità.
Rückseite der Karte wahrscheinlich aus dem Nachlass von Fritz List.
Im Sommer 1936 notierte Fidus auf der Rückseite der einen Karte:
Dies wäre heute wohl auch ein „verbotenes“ Bild – deshalb hat es gerade noch vorm Umschwunge der Besitzer von Monte Verità sopra Ascona, Baron v. d. Heydt, gekauft, der aus dem Vegetarier u. Sonnenmenschen-Eden Oedenkovens ein dito mondänes Modeheim gemacht hat.
Zum Tempel der weissen Bruderschaft.
Auf der anderen Karte führt er aus [2]:
Dies dürfte „heute“ wohl nur mit Vorsicht gezeigt werden? weil „international“ und „okkultistisch“ anmutend. „Zum Glück“ kaufte diesen farbigen Entwurf schon 1932 der jetzige Besitzer des lebensreformerischen Monte Verità über Ascona im Tessin, wo ja „alle Verrückten und Emigranten“ sich aufhalten. Ich war dort nur 2 mal Besucher – vor 1933!
Lichtdeutsch und Pg. seit 1. V. 32 Fidus
Im Katalog der Ersten Gesamtausstellung der Werke von Fidus, die 1928 gezeigt wurde ist der Aquarellentwurf als Nr. 97 aufgeführt, Eduard von der Heydt ist nicht als Leihgeber aufgelistet. [1] Dies würde bedeuten, dass er das Blatt zwischen 1928 und 1933 erworben hat.
Das Motiv erschien als Postkarte mit der Nr. 180 und muss somit nach 1927 erschienen sein. Zudem vertrieb der Fidus Verlag es als Kohlefoto in verschiedenen Formaten.
Anmerkungen
Verbleib des Aquarellentwurfs
Über den Verbleib des Aquarellentwurfs ist nichts bekannt. Eine Nachfrage beim Von der Heydt-Museums in Wuppertal blieb ohne Ergebnis. Nach Durchsicht der Bestandsdatenbanken, so der Bescheid der zuständigen Person, und Überprüfung des Findbuchs zum Von der Heydt-Archiv würden im Hause keine Informationen zum Aquarell vorliegen, der Name Fidus beziehungsweise Höppener sei in den Registern nicht genannt und von einer möglichen Korrespondenz zwischen von der Heydt und Fidus sei ebenfalls nichts bekannt.
Ohne die Mitteilung in Frage stellen zu wollen, erstaunt sie doch etwas, ist doch anzunehmen, dass der Bankier von der Heydt, akribisch über Zu- und Abgänge Buch geführt hat oder führen liess, zumal er seine Kunstkäufe auch als Investitionen verstanden hat, wie in der erwähnten Ausstellung Von Buddha bis Picasso. Der Sammler Eduard von der Heydt im Museum Rietberg in Zürich dargelegt worden ist, sich als Sammler von Fachleuten beraten liess, vorwiegend, wenn nicht ausschliesslich bei Galeristen kaufte, und darum bemüht war, die Bestände katalogisieren zu lassen.
Wobei er allerdings der Sammlung aussereuropäischer Kunst weit grössere Bedeutung beimass als derjenigen europäischer Werke. Wenn nichts über das Aquarell von Fidus zu finden ist, kann das dahingehend gedeutet werden, dass von der Heydt ihm keinen besonderen Wert beimass. Interessant wäre es trotzdem zu wissen, warum er gerade dieses Blatt von Fidus gekauft hat.
Licht und Schatten
Die Komposition mit einer grossen Männerfigur links und einer grossen Frauenfigur rechts vor einer Lichtquelle in der Ferne erinnert an diejenige der Sonnenwanderer. Mit den auf Schattenrisse reduzierten Figuren nimmt Fidus das prägende Stilelement des für seinen Lehrer Karl Wilhelm Diefenbach ausgeführten Fries Per aspera ad astra auf und verstärkt dadurch das Strahlen der Lichtquelle, die Kuppel des Tempels der weissen Bruderschaft.
Durch Kino und Freibad überholt
In der mit Jul 1936 datierten Postkarte kommentiert Fidus das Blatt Tempel der weissen Bruderschaft als durch Kino und Freibad „überholt“. Das mag zutreffen, was die Nacktheit betrifft. Durchaus „modern“ ist es aber nach wie vor oder wieder, was die surreale oder „esoterische“ Inszenierung etwa mit phantastischem Tempel und Gemeinsamkeit stiftendem Ritual betrifft. Zumindest legt das die Gegenüberstellung nahe mit Bildern des Festivals Burning Man, des alljährlich in der Wüste von Nevada stattfindet.[1] Die Nähe der Formensprache beispielsweise der bekannten Monumentalfigur Bliss Dance mag dabei zufällig sein oder eben vielleicht doch nicht.
[1] S. 17
[2] Vgl. dazu etwa die Website Burning Man.